teilhaben wie dazugehören, mitarbeiten, mitwirken, mitspielen, miterleben, mittun, mitmachen
Gedanken und Projektansätze zur Kulturellen Teilhabe
Der Vortrag gibt einen Einblick in Möglichkeiten kultureller Teilhabe sowie Gedanken zu Grenzwertigem anhand selbst gewählter Schlüsselbegriffe. Grundlage sind Projekte und Erfahrungen im Kunstmuseum Thun, wo seit rund 7 Jahren partizipative Settings erprobt werden.
Die Gedanken orientieren sich an Bedeutungsfeldern rund um das Wort "Teilhabe". Synonyme für das Verb teilhaben sind: beiwohnen, beteiligen, dabeisein, dazugehören, mitarbeiten, miterleben, mitmachen, mitspielen, mittun, mitwirken, partizipieren, teilnehmen, zuhören. (Quelle: wortschatz.uni-leipzig.de)
Projektbeispiele: "Das Kunstmuseum ist meine Powerstation geworden."
Blicke sammeln. Laien entwickeln eine Ausstellung aus der Sammlung des Kunstmuseum Thun, 2008/09
Ruderer, Kinderpsychologen, Mädchen in ihrer Freizeit, Migranten, Blinde, eine Nachbarschaft, Menschen mit psychischer Beeinträchtigung wählen jeweils ein Thema und Werke aus der Sammlung, um eine Ausstellung zusammen zu stellen. Angestrebt wurde eine Breite zwischen Randgruppen und 0815-Bürgern sowie Vielfalt innerhalb der Gesellschaft. Es fanden sieben total unterschiedliche Ausstellungen über eineinhalb Jahre statt.
Gedanken sammeln, 2014
In der Fortsetzungsreihe wurde die vergleichsweise willkürliche Gruppeneinteilung noch pointiert und vordergründig gegensätzliche Personen eingeladen, ihre Ausstellung mit Werken der Sammlung zu gestalten: Führungskräfte des Lions Club mit Psychiatriepatienten, Senioren mit hochbegabten Kindern und Bewohner der Partnerstädte Thun und Gabrovo (Bulgarien).
Augenblicke. Ein Fotoprojekt vom Kunstmuseum Thun und von insieme Thun Oberland, 2012
Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen entdecken die Welt mittels der Kamera und stellen ihre Bildsprache zu Serien zusammen. Die Ausstellung wird am Tag des Anderen eröffnet, ein Tag der offenen Tür für Menschen mit Beeinträchtigungen und alle anderen.
Mustikka im Rahmen der Ausstellung Call and Response. George Steinmann im Dialog, 2014
In Kooperation mit Pro Infirmis und dem Künstler wurde eine Workshopreihe für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen entwickelt, die unterschiedliche sinnliche Zugänge bot. Als Thema wurde die Heidelbeere gewählt, ein seit Jahrzehnten wichtiges Phänomen für den Künstler. Sie wurde zum Färben von Seidentüchern gebraucht in Kooperation mit einer Pflanzenfarbenwerkstatt, die als Arbeitsort für Behinderte funktioniert. Es wurde mit Heidelbeersaft gemalt und mit Heidelbeeren gekocht und gebacken. Während des Genusses wurden Geschichten ausgetauscht.
Schlussüberlegung
Es braucht ein Umdenken, dass sich Museen als Raum authentischer Erfahrungen verstehen und nicht nur als Ort für Originale. Dafür ist "authentisches Material" zu generieren, was museale Objekte sein können, aber nicht ausschliesslich sein müssen. Eine Skulptur von Giacometti kann im gleichen Raum ausgestellt sein wie ein kollektiv entstandenes Werk aus Ton, das keinen Anspruch hat, ein Kunstwerk zu sein. Wir müssen also Kompetenzen pflegen, Prozesse zwischen vielfältigen Menschen zu gestalten und dafür ästhetische und kommunikative Umgebungen zu kreieren. Hier kann die Kulturförderung ansetzen und nicht nur punktuell, sondern kontinuierlich Experimentelles fördern. Nicht Erfolge sind zu evaluieren (oder nicht nur), sondern Prozesse zu reflektieren, so dass für "Scheitern" Platz bleibt ohne Angst vor einer Förderlücke. Dabei geht es nicht nur um Projektförderung, sondern die Gestaltung von Leistungsaufträgen.
Sara Smidt, seit 2005 Leitung Kunstvermittlung am Kunstmuseum Thun sowie Co-Präsidentin von mediamus, Verband der Fachleute für Bildung und Vermittlung im Museum
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