Happy Museums – Ein Gespräch über die Visionen der noch jungen Initiative

Als öffentliche Orte haben die Museen eine Vermittler- und Vorbildrolle und das Potential, ein Reflektieren über persönliche Handlungen und Einstellungen anzustossen. "Happy Museums bringt die Museen an einen Tisch, um das Thema Nachhaltigkeit im Museum gemeinsam anzugehen und den Wissenstransfer untereinander zu fördern", so Jenny Casetti, Co-Leiterin der Geschäftsstelle von Happy Museums, im Gespräch mit Kulturvermittlung Schweiz. Am diesjährigen Impulstag am 31. Oktober 2022 ist es wieder soweit. Weiterlesen

Initiiert wurde die noch junge Struktur Happy Museums von Nadja Buser, Projektleiterin der Ausstellung Global Happiness von Helvetas, Peter Jann, damals Leiter des Naturama Aargau  und von Annett Baumast vom 2N2K – Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur. Ihr Wunsch war es, die vielfältigen Engagements der Museen im Bereich der Nachhaltigkeit zusammenzubringen, um eine gegenseitige Sichtbarkeit und Synergien zu schaffen und so das Thema Nachhaltigkeit auf ein anderes Niveau zu bringen. Das Mandat für den Aufbau von Happy Museums erhielten Jenny Casetti und Pia Viviani des Start-up catta, das Museen und andere Institutionen im Bereich Wissenschafts-kommunikation und Citizen Science berät und Projekte umsetzt. 

Happy Museums steht für Nachhaltigkeit im Museum. Nachhaltigkeit ist ein unglaublich weites Feld. Jenny, wie geht Happy Museums an das Thema dran?

Ja, auch im Museumsbereich kann Nachhaltigkeit sehr breit gedacht werden. Ebenso hat jedes Museum eine andere Ausgangslage und auch unterschiedliche Mittel und Möglichkeiten, um Nachhaltigkeit umzusetzen.
Happy Museums orientiert sich, wie es im kulturellen Nachhaltigkeitsdiskurs der Fall ist, an den drei Bereichen: ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Am diesjährigen Impulstag im Oktober wird das Thema "nachhaltig Ausstellen" gemeinsam beleuchtet. Konkret haben wir, um nur ein Beispiel zu nennen, die Szenografen des Museums für Kommunikation in Bern eingeladen, über ihre aktuelle Ausstellung zu berichten, die sie aus ca. 90% recycelten Möbeln, Materialien, etc. gestaltet haben. Absolut vorranging am Impulstag ist für uns, dass nicht so sehr theoretisch über Nachhaltigkeit geredet wird, sondern gelungene und gescheiterte Projekte vorgestellt, Ideen ausgetauscht, gemeinsam nach Lösungen gesucht und konkrete Aktivitäten geplant werden.

Was bedeutet für Happy Museums Nachhaltigkeit im Bereich Vermittlung?

Nachhaltigkeit kann in der Vermittlung auf unterschiedlichen Ebenen gedacht werden. Vermittlungsangebote zu einer Ausstellung über Hitzeinseln in Städten oder andere aktuelle Themen wie Food Waste sind auf der Sensibilisierungs-Ebene nachhaltig, können Besuchende zu einem Umdenken bewegen und konkrete Handlungsempfehlungen für den Alltag vermitteln. Daneben kann Nachhaltigkeit im Bereich der Vermittlung auch bedeuten, neue Schnittstellen zu generieren, neue Publika zu erreichen und diese auf eine neue Art mit einzubeziehen. Mehr dazu werden wir im nächsten Jahr im Rahmen der «Sozialen Nachhaltigkeit» erarbeiten.

Was bietet Happy Museums aktuell für Museen an?

Aktuell wird die Geschäftsstelle von Happy Museums mit ca. 40 Stellenprozenten geführt. In erster Linie sind wir ein Netzwerk und eine Informations-Drehscheibe – d.h., wir haben den Überblick darüber, welche Projekte aktuell in der Schweiz zum Thema Nachhaltigkeit durchgeführt werden und wo spezifisches Knowhow vorhanden ist. Bei Bedarf können wir Museumsfachpersonen miteinander in Kontakt setzen. Wir selbst sind keine beratende Dienstleisterinnen. Aktuell stehen die Chancen gut, dass sich die Kapazitäten von Happy Museums erweitern werden.

Ihr möchtet zukünftig ein «Prozesslabel Nachhaltigkeit» anbieten. Wo steht ihr in der Entwicklung und an welchen Kriterien wird sich dieses Label orientieren?

Am ersten Impulstag wurde von den Teilnehmenden klar kommuniziert, dass sie sich ein Instrument wünschen, das ihnen hilft, sich in Bezug auf Nachhaltigkeit verorten zu können. Mit dem Label geht es uns nicht darum, klar definierte Kriterien vorzugeben, die es zu erfüllen gilt. Wir möchten verhindern, dass das Gebunden-Sein des Labels an strikte Kriterien einen ausschliessenden Effekt hat. Nicht jedes Museum kann es sich leisten, seine Institution ganzheitlich auf Nachhaltigkeit umzustrukturieren. Wir wünschen uns, dass auch Museen mit weniger finanziellen Mitteln sich auf den Weg machen und durch das Label eine Sichtbarkeit erhalten und sich einordnen können. Es geht uns darum, möglichst viele Museen in diesen Prozess mitzunehmen. Daher kommen wir von der Idee eines klassischen Labels immer mehr weg. Wir möchten viel mehr ein Tool zur Verfügung stellen, das bei der Verortung hilft und den Prozess, wie nachhaltig man schon ist und wie man nachhaltiger werden kann, in Gang bringt.

Aktuell entwickeln wir hierfür in Zusammenarbeit mit Partnern einen CO2-Rechner. Mit dem ökologischen Rechner sollen Museen ihre Klimabilanz ermitteln können, sprich wie viel Strom, Heizöl, etc. sie verbrauchen und wie sie diese verbessern können. Jedes Jahr soll ein neuer Rechner lanciert werden: zur sozialen Nachhaltigkeit im zweiten und zur ökologischen Nachhaltigkeit im dritten Jahr.

Wie steht es aktuell mit dem Just-do-it-Fund, den ihr lancieren möchtet, und was möchte dieser ermöglichen?

Der Fund hängt von den finanziellen Mitteln ab, die wir zusammenbringen. Im ersten Projektjahr wurde Happy Museums von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt, von dieser Förderung sind aktuell jährlich 15'000 CHF zur Förderung von Projekten zu vergeben. Der Fund wird voraussichtlich 2023 lanciert und wird kleinere Beträge für Museen, die nicht so viele Ressourcen haben und Projekte im Nachhaltigkeitsbereich durchführen möchten, zur Verfügung stellen. Happy Museums ist es wichtig, dass diese Förderung nicht an einen verbindlichen Förderkatalog gebunden ist und die Mittel möglichst niederschwellig zur Verfügung gestellt werden können.

Herzlichen Dank für den Austausch, Jenny! Wir sind gespannt auf die Prozesse und Projekte, die durch eure Initiative in Gang gesetzt werden.

Der Impulstag Happy Museums zum Thema «nachhaltig Ausstellen» findet am 31. Oktober 2022, von 10.00 ­– 18.00 Uhr, im Stadtmuseum Aarau statt. Anmeldungen sind bis am 15. Oktober 2022 möglich. Alle Informationen zum Veranstaltungsprogramm und zur Anmeldung finden Sie auf der Webseite von Happy Museums.

Interview: Geneviève Hertzog