7 Thesen zur künstlerischen Musikvermittlung
In einer soeben erschienenen Publikation stellt die Musikvermittlerin Barbara Balba Weber einen neuen Ansatz zur Debatte. Die Grundfrage ist dabei: Wie können Musikschaffende, Publikum und Musiken neue Verbindungen eingehen, so dass auf allen Seiten ein Mehrwert entsteht? Lustvoll hinterfragt das Buch einige hartnäckige Gewohnheiten des Klassikbetriebs und gibt konkrete Antworten auf die Forderungen nach kultureller Teilhabe. Mit jungen Musikerinnen und Musikern macht Barbara Balba Weber vor, wie man Profi darin werden kann, mit Amateuren im Hochkulturkontext zu handeln. Das vorgestellte Konzept einer künstlerischen Musikvermittlung stellt einen innovativen Ansatz zur Debatte, wie man sich mit musikalischen Mitteln über die Noten hinaus in eine komplexe Welt einbringen und sie dadurch mitgestalten kann. Provokante Thesen und spannende Experimente ergänzen die theoretischen Grundlagen.
Das Konzept der künstlerischen Musikvermittlung bietet einen Ansatz für eine Art von Musikvermittlung, bei der auch SolistInnen, DirigentInnen, VeranstalterInnen, MusikjournalistInnen, MusikmanagerInnen, MusikregisseurInnen, MusikpublizistInnen, Chor- und EnsembleleiterInnen sowie MusikförderInnen gemeint sind. Über die künstlerischen, pädagogisch-didaktischen, handwerklichen und managerialen Disziplinen hinaus galt es für «Entfesselte Klassik», eine Lücke in der Wahrnehmung vieler vermittlerisch tätigen Musikschaffenden zu schliessen: Den wenigsten ist nämlich bewusst, dass ihre Arbeit im Kontext der kulturwissenschaftlichen Disziplinen im Allgemeinen, und der Musikwissenschaften im Speziellen steht. Mehrere dieser Ansätze, Methoden oder Theorien sind für die künstlerische Musikvermittlung aber zentral: Sie zu kennen, bedeutet, auf einem soliden Fundament zu stehen, wenn man sich als Musiker und Musikerin in herausfordernden Situationen ausserhalb der Bühne befindet.
Sieben Projekte, die zusammen mit jungen Musikerinnen und Musikern der Hochschule der Künste Bern entwickelt und getestet wurden, dienen als Veranschaulichung der theoretischen Grundlagen und als Vorlage für eigene Versuche mit der künstlerischen Musikvermittlung. Aus jedem Projekt wurde ein Modell generiert, das als Experimentiervorlage für andere Musikakteure dient und sich sowohl von freischaffende Musikerinnen und Musikern als auch im institutionellen Kontext anwenden lässt.
Gemein ist den Experimenten, dass die Vermittlung immer über künstlerische Mittel stattfindet und alle Beteiligten von Veränderung betroffen sind. Das ist es auch, was die Projekte der künstlerischen Musikvermittlung von anderen Formen der Musikvermittlung unterscheidet: Sie haben immer zwei Zielgruppen; die Musikakteure der zu vermittelnden Musik und eine daraus bisher ausgeschlossene Gesellschaftsgruppe.
Zielgruppen, Akteure, Inhalte, Gründe, Wirkungen und Formate eines Vermittlungsprojektes: Das sind die Grundlagen, über die eine MusikvermittlerIn gegenüber Auftraggebern, Zielgruppen, Beteiligten und FörderInnen Auskunft geben können muss. Die Beschäftigung damit schärft das Denken und hilft im Diskurs mit den oft zahlreichen in solchen Projekten Miteinbezogenen. Allen Experimenten und Referenzprojekten ist deshalb je eine zentrale Grundlage für vermittlerisches Handeln vorangestellt. Die praktischen Beispiele werden dafür mit einem Werkzeug verortet, das spezifisch für die Praxis von musikvermittelnden Personen und Institutionen entwickelt wurde: dem « Kompass Musikvermittlung ». Es handelt sich dabei um einen praxisorientierten Leitfaden, der ein Vokabular anbietet, um Musikvermittlung zu visionieren, zu konzipieren und zu evaluieren. Er basiert auf den fünf Kategorien was, warum, wie, wem vermittelt wird und wer vermittelt.
