Grusswort Carine Bachmann, Direktorin BAK, am Forum Kulturvermittlung 2025

Das diesjährige Forum Kulturvermittlung für öffentliche Förderstellen widmete sich den Herausforderungen und Chancen bei der Förderung kultureller Teilhabe im Spektrum zwischen Laienkultur und professionellem Kulturschaffen. Carine Bachmann, Direktorin des Bundesamtes für Kultur, betonte in ihrem Grusswort: "Wenn wir die Laienkultur in der Schweiz stärken, stärken wir die kulturelle Teilhabe von Vielen. Wenn wir die kulturelle Teilhabe stärken, stärken wir das zivilgesellschaftliche Engagement und somit eine lebendige Demokratie." Kulturvermittlung Schweiz bedankt sich für die Unterstützung und das Engagement des Bundesamtes für Kultur im Bereich kulturelle Teilhabe. Das vollständige Grusswort lesen.

Forum Kulturvermittlung für öffentliche Förderstellen 
6. November 2025 – Südpol Luzern

Sehr geehrte Frau Intendantin Ina Karr
Sehr geehrter Marius Risi
Sehr geehrter Ralph Aschwanden
Sehr geehrte Damen und Herren
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus der Kulturförderung, der Kulturvermittlung und der Laienkultur


Als wir während der Pandemie nicht mehr auf Reisen gehen konnten, die Welt leise wurde und die Stille überhandnahm, hatten wir wieder mehr Gehör für unser Innenleben, für unsere emotionale Welt: 
Und es waren Bücher, die uns auf Reisen mitnahmen, es waren Filme, die uns Welten eröffneten, es war die Musik, die uns träumen liess. 

Spätestens in den Covid-Jahren wurde klar, wie wichtig Kultur für unsere Gesellschaft und für jeden Einzelnen von uns war und ist. 


Das kulturelle Leben in der Schweiz ist überaus vielfältig und vielgesichtig. 
Wenn ich kulturelles Leben sage, meine ich das kreative Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern sowie die vielfältigen Programme und Produktionen unserer kulturellen Institutionen wie Theater oder Museen. 

Nicht zuletzt aber gehört für mich zum kulturellen Leben auch all das Kulturschaffen von jenen dazu, die dies nicht berufsmässig ausüben. Und das sind erfreulich viele in diesem Land. 

Laienkultur ist gelebte und selbstbestimmte Teilhabe am kulturellen Leben. Diesem Bereich unseres kulturellen Lebens will die Kulturförderung des Bundes zukünftig mehr Aufmerksamkeit schenken und ihn stärken. Denn wie bei den kulturellen Institutionen sind die Hürden zur Teilhabe auch im Bereich der Laienkultur zum Teil noch recht hoch. Sicher ist, dass die Hürden für eine staatliche Unterstützung noch immer zu hoch sind. 

Auch wir Förderstellen müssen uns hinterfragen, weiterentwickeln und lernen, wie wir lokale und von Freiwilligen getragene Initiativen und Projekte unbürokratisch und wirkungsvoll unterstützen können. 

Deswegen danke ich Kulturvermittlung Schweiz dafür, dieses Forum der kulturellen Teilhabe zwischen professionellem Kunstschaffen und Laienkultur zu widmen. Und allen hier Anwesenden für Ihre Bereitschaft und Interesse, sich der kulturpolitischen Herausforderung der kulturellen Teilhabe zu stellen.

Kulturelle Teilhabe stärkt unsere Demokratie

Meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Als ich 20 war, erlebte ich auch eine Zeit des Umbruchs: den Fall der Berliner Mauer, der die Hoffnung auf Frieden und Dialog nährte. Heute scheinen die Mauern wieder aufgebaut zu werden. Die Zeit der Friedensdividende scheint zu Ende sein. 

Die heutige, höchst gefährliche geopolitische Lage führt weltweit zu einer Aufrüstung, auch in der Schweiz. Alte Demokratien sind unter Druck, Bücher, Wörter werden zensuriert, unabhängige Medien unter Druck gesetzt und die Wissenschaft delegitimiert. 

Die galoppierende Digitalisierung des kulturellen Konsums trägt zusätzlich zur Homogenisierung und Verarmung der kulturellen Inhalte und zur Zerstörung kultureller Vielfalt bei. Eine traurige Zeit für die Kultur?

Ich denke, das Gegenteil ist der Fall: Es ist eine Zeit, in der die Kultur an gesellschaftlicher Relevanz gewinnt. Eine Zeit, in der wir, die wir die staatliche Kulturförderung repräsentieren, eine wichtige Verantwortung innehaben. 

Denn die Mitgestaltung des kulturellen Lebens von möglichst vielen Menschen setzt zivilgesellschaftliches Engagement voraus und aktiviert es gleichzeitig. Gelebte kulturelle Teilhabe ist deshalb ein Beitrag zu einer lebendigen und resilienten Demokratie. 

Gerade aufgrund des heutigen Kontextes müssen wir jenen Bemühungen zusätzlichen Schub verliehen, die kulturelle Teilhabe von möglichst Vielen anstreben. Ganz im Sinn der breiten UNESCO-Kulturdefinition (Mexiko 1982), verschiedener UNESCO-Abkommen oder der Faro-Konvention des Europarats. Sie alle drängen auf eine konsequente Wertschätzung der diversen kulturellen Ausdrucksformen und rücken die kulturellen Rechte der Einzelnen und von Gruppen in den kulturpolitischen Fokus. Ich habe Anfang dieser Woche die Schweiz an der informellen Kultur- und Medienministerkonferenz der EU vertreten. 

Das Bewusstsein, wie wichtig die Rolle von Kultur und freien Medien für unsere europäischen Demokratien sind und der Wille, diese nicht nur zu fördern, sondern das Recht auf kulturelle Diversität und kulturelle Souveränität einzufordern, war beeindruckend.

Künstliche Trennung der Laienkultur von professionellem Kulturschaffen
Doch kulturelle Teilhabe zu fordern ist leichter gesagt als getan. Nicht zuletzt, weil professionelles Kunstschaffen und Laienkultur so eng miteinander verwoben sind. Denn oft leiten ausgebildete Dirigentinnen hervorragende Laienchöre und professionelle Regisseure inszenieren mit nicht-professionellen Darstellenden beeindruckende Theaterabende. Marius Risi und Ralph Aschwanden werden diesen Punkt in ihrem Inputreferat vermutlich weiter ausführen.

Verstärkte Förderung der Laienkultur
Zweifellos gehören die Organisationen, Verbände und Vereine der kulturell tätigen Laien zu den wichtigen Trägerinnen und Trägern kultureller Teilhabe. 

Wie in der Kulturbotschaft 2025-2028 angekündigt, will der Bund Fördermassnahmen ergreifen, die dazu beitragen, die bestehenden Herausforderungen gezielt anzugehen und somit die Rahmenbedingungen der Laienkultur zu verbessern. Zusätzlich zur bereits bestehenden Förderung von gesamtschweizerischen spartenspezifischen Verbänden der Laienkultur sollen zukünftig auch spartenübergreifende Dienstleistungen zur Stärkung der Laienkultur und zur Wertschätzung von Freiwilligenarbeit im Kulturbereich gefördert werden.

Gemeinsam für mehr kulturelle Teilhabe
Denn ja, so einfach ist es und daran glauben wir: Wenn wir die Laienkultur in der Schweiz stärken, stärken wir die kulturelle Teilhabe von Vielen. Wenn wir die kulturelle Teilhabe stärken, stärken wir das zivilgesellschaftliche Engagement und somit eine lebendige Demokratie. 
Laienkultur und kulturelle Teilhabe sind Pfeiler unserer direkten Demokratie. 
Oder umgekehrt gesagt: Es gibt keine lebendige Demokratie ohne ein lebendiges und vielfältiges kulturelles Leben. Das ist keine Instrumentalisierung der Kultur, sondern eine Tatsache und eine Stärke unseres Landes, auf die wir stolz sein können. Und für die wir Verantwortung übernehmen dürfen. Nur gemeinsam wird und das gelingen. 

In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen erkenntnisreichen Nachmittag, der in naher Zukunft förderpolitische Früchte trägt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Carine Bachmann,

Direktorin Bundesamt für Kultur BAK

 

Foto: Xenia Zezzi