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Für Eilige
8.6 Kriterien für eine vornehmlich dekonstruktive Kulturvermittlung
Wichtigste Zielsetzungen für die Vermittlung in der Kulturinstitution:
- Die Institution will sich als Einrichtung mit Interesse an einer kritischen Befragung ihrer Inhalte und ihrer Position profilieren.
- Die Institution will sich durch ein Konzept von Vermittlung als eigenständiger kultureller Praxis profilieren.
- Die Institution ist daran interessiert, den Einsatz von künstlerischen Verfahren in der Vermittlungsarbeit zu erproben.
- Die Institution hat ein Interesse an der Weiterentwicklung ihrer Praxis und ihrer Strukturen, in Auseinandersetzung mit unterschiedlichen fachlichen wie (in Bezug auf die Künste) fachfremden Perspektiven.
Struktur
Institutionelle Rahmenbedingungen in Bezug auf Infrastruktur, Organisation und Personal, finanzielle und materielle Ressourcen:
- Das Personal für die Vermittlung verfügt über die für das Angebot benötigte inhaltliche, künstlerische und pädagogische Ausgewiesenheit (zertifiziert und/oder nachweislich erfahrungsbasiert).
- Die Bezahlung für die Vermittlung ist angemessen, sie richtet sich zumindest nach den veröffentlichten Tarifen. Bezahlt werden auch die Vor- und Nachbereitung eines Angebots.
- Es existiert ein angemessenes Budget für die in dem jeweiligen Angebot und einer damit ggf. verbundenen Produktion benötigten Materialien, technisches Equipment und Werkzeuge.
- Die räumlichen Voraussetzungen sind für das Vermittlungsangebot unterstützend (z.B. die Möglichkeit, auch in den Veranstaltungs- bzw. Ausstellungsräumen zu agieren und ggf . zu intervenieren).
- Die Art der Organisation und Koordination ist kohärent zu dem geplanten Vermittlungsprojekt und wird angemessen durch die Institution unterstützt.
- Für die Planung und die Nachbereitung des Angebots steht ausreichend Zeit zur Verfügung.
- Der Informationsfluss zwischen den Abteilungen der Institution ist reibungslos. Die Vermittlung hat bereits in der Konzeptions- und Planungsphase Einblick in die zu vermittelnde Produktion und darauf bezogene eigene Produktionsmöglichkeiten (die z.B. selbst im Ausstellungsraum oder im öffentlichen Raum sichtbar oder im Konzerthaus bzw. im Radio hörbar werden).
- Die Struktur bietet Möglichkeiten zur Prozessreflexion mit allen Beteiligten und damit zur Weiterentwicklung des Vermittlungsangebots als festem Bestandteil der Institution.
- Die Ergebnisse der Vermittlung können in die Weiterentwicklung anderer Bereiche (z.B. Ausstellungs- und Aufführungspraxis, Öffentlichkeitsarbeit) einfliessen.
Prozess
Pädagogische, fachliche, organisatorische und ggf. künstlerische Qualität der Konzeption und Durchführung:
- Der organisatorische Ablauf des Angebots gestaltet sich transparent für die Teilnehmenden, es bestehen Mitsprache- und Mitgestaltungsmöglichkeiten.
- Das Konzept der Vermittlung bietet einen schlüssigen Rahmen, um mit unterschiedlichen Gruppen die Vermittlungsinhalte und die Institution kritisch zu betrachten. Dies geschieht durch den offenen Austausch unter den Beteiligten und ggf. auch mit künstlerischen Gestaltungsmitteln.
- Die Sprache der Vermittlung führt die Werkzeuge kritischer Dekonstruktion auf eine für die Beteiligten verständliche Weise ein. Verschiedene sprachliche Annäherungen (neben oder statt der Fachsprache) sind erwünscht und werden erprobt.
- Der Inhalt der Vermittlung bietet Einsichten in institutionelle und kunstbezogene Hintergründe und Machtverhältnisse. Auch die Vermittlungssituation selbst und die darin verwendete Sprache werden Diskussionsinhalt, da sie Teil der Institution sind.
- Der Auftritt der Vermittlung ist ein Mix aus moderierend und anleitend. Er ermöglicht den Beteiligten das Finden eigener Zugänge. Er ist geprägt von aktivem Interesse an dem Wissen und Können, das von den Teilnehmenden in die Situation eingebracht wird und daran, dieses für die Vermittlungssituation produktiv zu machen.
- Enthält die Vermittlung künstlerische Elemente, so werden diese im Wissen um den State of the Art des jeweiligen künstlerischen Bereichs eingesetzt.
Ergebnis
Resultate und Effekte in Relation zur Zielformulierung:
- Die Arbeitszufriedenheit der Vermittlungsperson ist hoch.
- Von Teilnehmenden eingebrachte Ideen und Anregungen werden für die Entwicklung weiterer Formate und ggf. für die Weiterentwicklung der künstlerischen Praxis genutzt.
- Die Zufriedenheit über die Zusammenarbeit von Organisation, Koordination, Produktion und Vermittlung ist bei allen Beteiligten in der Institution hoch; die Zusammenarbeit wird auf dieser Basis fortgesetzt.
- Die Zufriedenheit des Publikums mit dem Vermittlungsangebot ist hoch; ähnliche Angebote werden von einem Teil erneut, aber auch von jeweils neuen, teils unerwarteten Gästen wahrgenommen.
- Die quantitative Nutzung des Angebots entspricht den Zielvorstellungen.
- Das Angebot trägt wahrnehmbar zur Stärkung des Profils der Institution in der Öffentlichkeit sowie in der Fachwelten (Vermittlung, Kunst) bei. Es wird von der Institution aktiv zur Profilierung auf den verschiedenen Ebenen verwendet.
- Die Dokumentation des Projektes zeichnet sich durch einen hohen Grad an Reflexivität aus und verwendet ggf. ihrerseits künstlerische Gestaltungsmittel. Sie kann für die Weiterentwicklung und Bewerbung des Angebots eingesetzt werden.
- Eventuelle künstlerische Ergebnisse zeichnen sich durch ästhetische und diskursive Dichte und Kohärenz aus und durch ein Wissen um den State of the Art des jeweiligen künstlerischen Bereichs.