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5.4 Reformative Funktion von Kulturvermittlung

Wenn durch Kulturvermittlung gemachte Erfahrungen oder das in der Kulturvermittlung erzeugte Wissen dazu führen, dass in der Kulturinstitution Optimierungen der bestehenden Struktur vorgenommen werden, so wird in dieser Publikation von der reformativen Funktion der Kulturvermittlung gesprochen. Zum Beispiel nutzte das Museo Vela in Ligornetto seine im Rahmen des von Pro Helvetia unterstützten Projektes «Kulturattaché-e-s» (Grossrieder 2009) gemachten Erfahrungen mit Besucher_innen mit eingeschränktem Sehvermögen dazu, seine Angebote in diesem Bereich dauerhaft zu erweitern und die Zugänglichkeit des Museums für diese Nutzer_innengruppe zu verbessern.

Ein Beispiel aus der Theatervermittlung ist das Projekt  Audiodescription am Théâtre Vidy-Lausanne (siehe auch  Text 2.PW von Corinne Doret Baertschi und Fanny Guichard): Besucher_innen mit eingeschränktem Sehvermögen erhalten in Sprechpausen der Theaterproduktion via Kopfhörer Live-Beschreibungen der Vorgänge auf der Bühne. Vor der Aufführung findet eine taktile Begehung des Bühnenbilds statt, dazu Gespräche mit Beteiligten.

Die reformative Funktion kann sich umso eher erfüllen, je durchlässiger die Informationsflüsse innerhalb der Institution gestaltet sind – wenn zum Beispiel die Möglichkeit für die Vermittler_innen besteht, über die Belange der Institution auf Planungsebene mitzuentscheiden und die Erfahrungen aus der Vermittlungsarbeit direkt und wirksam in Entscheidungsprozesse einzubringen. Solche strukturellen Voraussetzungen sind bislang in der Schweiz kaum, aber auch international noch selten anzutreffen.