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8.1 Qualität in der Kulturvermittlung: gegenwärtige Aktivitäten

In den letzten Jahren haben Berufsverbände, Vereine, Institutionen und Forschungseinrichtungen international begonnen, sich mit der Frage nach der Qualität von Kulturvermittlung zu beschäftigen. Einerseits entstehen offizielle Rahmenvorgaben in Form von Leitfäden oder Kriterienkatalogen: Fördereinrichtungen wie Pro Helvetia formulieren Kriterien, um ihre Entscheidungen im Bereich der Kulturvermittlung öffentlich zu begründen;  mediamus, der Schweizer Berufsverband für Museumsvermittlung, hat ein dreisprachiges Berufsprofil herausgebracht, das implizite Qualitätskriterien enthält. Der französische Verband der  Médiateurs Culturels genauso wie dessen  deutschsprachige Pendants haben berufsethische Chartas und Qualitätsleitfäden erarbeitet.

Andererseits mehren sich international und jüngst auch verstärkt in der Schweiz Massnahmen zur Qualitätsentwicklung wie die Einrichtung von Preisen, unter ihnen der Preis für Musikvermittlung des  Netzwerks Junge Ohren, der  Preis für Kulturvermittlung des Kantons Solothurn oder, als internationales Beispiel, der  Marsh Award for Excellence in Gallery Education in Grossbritannien. Zu diesen Massnahmen gehört auch die in allen Sparten wachsende Zahl von  Weiterbildungsangeboten und von Symposien, auf denen ein fachlicher Austausch stattfindet – hier wäre für die Schweiz zum Beispiel auf die Jahrestagungen von  mediamus oder die Fachtagungen des Verbands  Theaterpädagogik Schweiz zu verweisen, sowie auf entsprechende, zahlenmässig beständig anwachsende Aktivitäten an den Kunsthochschulen, Universitäten und pädagogischen Hochschulen, oft in Kooperation mit Kultureinrichtungen ( tanztagung;  die Künste in der Bildung;  Musikvermittlung); oder die  Foren zur Kulturvermittlung, die von Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit Fördereinrichtungen durchgeführt wurden).

Vor allem an der Schnittstelle von Kulturvermittlung und Schule lässt sich im Weiteren die systematische Implementierung von Qualitätsmanagementverfahren zur Verbesserung und Überprüfung betrieblicher Prozesse beobachten. So hat der Verband  Musikschulen Schweiz mit dem Label «quarte» ein eigenes, gesamtschweizerisch anerkanntes Zertifizierungsystem entwickelt.

Schliesslich wird im Rahmen von Studien und Forschungsprojekten an Evaluationsansätzen gearbeitet, die den Herausforderungen der Qualitätsmessung im heterogenen Feld der Kulturvermittlung standhalten sollen. Ein gegenwärtig diskutiertes Beispiel ist die 2010 in Deutsch und Englisch (Zusammenfassung) veröffentlichte, international angelegte Studie von Constanze Wimmer mit dem Titel «Exchange – die Kunst, Musik zu vermitteln. Qualitäten in der Musikvermittlung und Konzertpädagogik» ( Wimmer 2010). Darin betont die Autorin, Qualität sei «nichts Ruhendes oder Abgeschlossenes, sondern ein Prozess, der sich in der Diskussion und Bewertung der Akteure immer wieder neu präzisiert». Im Ergebnis unterscheidet sie drei verschiedene Qualitätsdimensionen in der Musikvermittlung und Konzertpädagogik, die sich auch auf andere Sparten der Kulturvermittlung übertragen lassen: die Strukturqualität, welche unter anderem die Zusammenarbeit und Kommunikationsweisen innerhalb der Institution, die Finanzierung, das Projektmanagement sowie Partnerschaften mit Kultur- und Bildungsinstitutionen betrifft; die Prozessqualität, die sich auf die künstlerische und pädagogische Konzeption und die Möglichkeiten der Beteiligung für das Publikum und die Teilnehmenden bezieht; und schliesslich die Produktqualität, welche auf die künstlerische und pädagogische Durchführung zielt. Diese Qualitätsdimensionen werden bei dem in diesem Kapitel unternommenen Versuch, Leitsätze zur Bewertung von Kulturvermittlung zu formulieren, aufgegriffen.