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6.8 Einwände gegen Kulturvermittlung und ihre Förderung

Die Kritiken an den Legitimationen von Kulturvermittlung, die in den vergangenen Kapiteln aufgeführt wurden, zielen im Grundsatz weniger auf eine Abschaffung als auf eine Weiterentwicklung der Praxis. Jedoch existieren auch Argumente gegen Kulturvermittlung und deren Förderung an sich. Ein Teil dieser Argumente betrifft das Verhältnis von Vermittlung und Produktion auf verschiedenen Ebenen. Kritisiert wird die Tatsache, dass das gesteigerte Interesse der Politik an der Förderung von Vermittlung nicht automatisch auch mit einer Erhöhung der zur Verfügung stehenden Gelder einhergeht. Dies bedeutet, dass eine Umverteilung stattfindet, dass also eine Priorisierung der Kulturvermittlung in der Förderung zwangsläufig zu Kürzungen in der Kulturproduktion führt. Die aus Grossbritannien bekannte Politik, die öffentliche Förderung von Kulturinstitutionen überhaupt an die Bedingung der Existenz von umfassenden Vermittlungsprogrammen zu knüpfen, wird von Kritiker_innen als Eingriff in die künstlerische Freiheit und als Bevormundung der Institutionen wahrgenommen. Radikal gegen jedwede Vermittlungsprogramme sprechen sich Vertreter_innen der Ansicht aus, dass Vermittlung immer eine Verwässerung, Vereinfachung oder sogar Infantilisierung der Künste bedeute. Die für Vermittlung wichtige pädagogische Dimension erscheint aus dieser Perspektive nicht mit den Künsten vereinbar, die, so die Ansicht, jede Form der Didaktisierung, Erklärung oder Pädagogisierung verweigern.

Seitens der Akteur_innen, die angesichts des konstatierten «Vermittlungsbooms» um die künstlerische Qualität und Vieldeutigkeit der Künste besorgt sind, wird der prinzipielle Vorwurf des Populismus erhoben – vor allem in den Fällen, wo der Fokus der Vermittlung eng an die Erwartung einer Erweiterung und quantitativen Entwicklung von Publika gekoppelt ist. In diesem Zusammenhang wird die Frage gestellt, ob eine Stärkung der Vermittlung der Produktion sogar inhaltlich schaden könnte – im Sinne eines «vorauseilenden Gehorsams» der Produktion, die möglicherweise von vorneherein weniger komplex und leichter verdaulich würde.

Eine andere Perspektive, die ebenfalls gegen Vermittlung argumentiert, nimmt eher das Verhältnis der Institutionen zu ihrem Publikum in den Blick. Hier wird vor allem der Vorwurf erhoben, dass Vermittlungsangebote paternalistische Bevormundungs- und Überredungsversuche seien, die der Öffentlichkeit vorschreiben wollten, welche Kunst ihr zu gefallen und welche Kultur sie zu konsumieren habe. Aus dieser Perspektive wird Kunst und Kultur in erster Linie – und zu Recht – für ein bereits daran interessiertes Publikum produziert.