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6.6 Legitimation: Kulturvermittlung als Ermöglichung aktiver Mitgestaltung der Künste und ihrer Institutionen

Diese Legitimation fokussiert auf das Potential aktiver Mitgestaltung von Programmen, Inhalten und Praktiken der Kulturinstitutionen durch Kulturvermittlung und ihre Teilnehmenden. Indem sie auch Veränderung anregt und ermöglicht, geht sie über die Feststellung der Notwendigkeit von Inklusion und Teilhabe hinaus und zielt auf die  Veränderung der Institutionen selbst. So weist zum Beispiel der Dramaturg, Regisseur und Autor Rustom Bharucha darauf hin, dass das tradierte Selbstverständnis von Kulturinstitutionen ein bürgerlich-zivilgesellschaftliches sei. Die rasanten Veränderungen der Welt um die Institutionen herum brächten aber auch einen Wandel der Verständnisse von Öffentlichkeit, Politik, kulturellen Darstellungsweisen und Praktiken mit sich, die tradierte bürgerliche Konzepte in Frage stellen und überschreiten. So drohe den Kulturinstitutionen ein Verlust an Bedeutung. Bharucha zufolge wäre es daher für die Institutionen ratsam, sich der Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Bereichen und Akteur_innen stärker zu öffnen. Sie müssten Einflussnahme und Hinterfragung aus anderen Perspektiven zulassen. Dabei geht es eben nicht nur um «access [zur Institution, CM], but the right to interrogate its assumed privileges and reading of history. It is my plea that instead of shutting ourselves up in the box – whether it is the ‹black box› of theatre, or the ultra-white, air-conditioned, dust-free box of the museum – that we should open ourselves to those seemingly disruptive energies ‹beyond the box› that can enable us to forge new links between the public and the private, the civil and the political». (Bharucha, 2000). Beabsichtigt ist bei dieser Argumentation also, dass Kulturvermittlung nicht nur demokratische Ansprüche kultureller Mitbestimmung einlöst, sondern aktiv zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Institutionen beitragen soll.

Bisher existieren zu dieser Argumentation keine einschlägigen Kritiken, die über die (in Text 6.3) angeführten Warnungen vor populistischen Tendenzen hinausgehen. Dies mag damit zusammenhängen, dass sie sich als relativ neues Phänomen bislang noch selten in der Praxis niederschlägt.