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2.3 Andere Ansätze der Adressierung

Jenseits der soziodemografischen, sozioökomischen oder psychografischen Eigenschaften, die traditionelle Zielgruppendefinitionen bestimmen, können auch zielgruppenübergreifende Interessen Ausgangspunkt für die Adressierung sein. So können Einladungen an Gruppen ergehen, die sich aus dem jeweiligen Inhalt eines kulturellen Angebots ergeben. Zum Beispiel könnte eine Aufführung mit zeitgenössischer elektronischer Musik ein spezielles Vermittlungsangebot für Elektrotechniker_innen oder Programmierer_innen aufweisen, um deren berufsalltägliche Perspektiven mit den künstlerischen in einen Austausch zu bringen. Oder zu einer Ausstellung zum Rokoko werden junge Innendekorateur_innen eingeladen, darin aktuelle Zugänge zum Raumschmuck zu diskutieren und diese mit Zugriff auf die Formensprache des Rokoko in einem Workshop weiterzuentwickeln.

Darin deutet sich die Möglichkeit an, einfallsreich mit dem Konzept der Zielgruppe umzugehen und mit den vorgegebenen Kategorien zu spielen. Denn genauso wie Kunst und Kultur dazu tendieren, Vorgegebenes zu hinterfragen und um- oder neu zu deuten, kann auch die Kulturvermittlung solche Verfahren für ihre Arbeit nutzen. Gerade ungewöhnliche Angebote können – je nach Selbstverständnis der Institution – Aufmerksamkeit erzeugen.

Eine Kultureinrichtung kann sich darüber hinaus in einen aktiven Austausch mit dem lokalen Umfeld begeben und für die und mit den dortigen Akteur_innen Angebote entwickeln. Sie kann auch ein Problem aus diesem Umfeld aufgreifen und sich durch die Vermittlungsarbeit dazu positionieren. Auch so kann es gelingen, neue Nutzer_innen und Mitstreiter_innen zu erreichen – zum Beispiel durch die Solidarisierung mit Menschen, die sich für gute Lebensbedingungen in ihrem Viertel einsetzen und aus deren Perspektive eine Kulturinstitution zunächst vor allem ein Faktor für steigende Mieten und Verdrängung ist.