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1.1 Kulturvermittlung als Sammelbegriff im deutschen Sprachraum

Der unscharfe Sammelbegriff «Kulturvermittlung» umfasst sehr unterschiedliche Praktiken und befindet sich in einem Prozess ständiger Neubesetzung. Er wird generell für Situationen angewendet, bei denen Menschen über die Künste (oder auch wissenschaftliche und gesellschaftliche Phänomene und Erkenntnisse) informiert werden, über sie in einen Austausch treten und auf sie reagieren – sei es sprechend oder mit anderen Ausdrucksformen.

Unter einen weit gefassten Begriff «Kulturvermittlung» fallen dementsprechend neben den Vermittlungsangeboten kultureller Institutionen, wie zum Beispiel Führungen, Publikumsgespräche, Workshops oder Einführungen der Theater-, Opern- und Tanzbühnen, der Konzerthäuser oder des Literaturbetriebs, auch das Unterrichten der künstlerischen Schulfächer, theaterpädagogische Projekte oder Projekte mit Künstler_innen in Schulen. Genauso zählen ausserschulische Aktivitäten dazu, zum Beispiel die  Vermittlung künstlerischer Techniken und die  soziokulturelle Animation. Auch Formen der ausserschulischen Wissensvermittlung, die sich auf Naturwissenschaft und Technik beziehen – beispielsweise in Science Centers – werden als Teil des grossen Arbeitsfeldes Kulturvermittlung begriffen.

Gelegentlich werden Produktionen aus Musik, Literatur, Theater, Tanz sowie Ausstellungen, die speziell für Kinder und Jugendliche gedacht sind, der Kulturvermittlung zugeordnet. Daneben wird Vermittlung auch für das Präsentieren der Künste verwendet: So werden zum Beispiel Ausstellungsmacher_innen bisweilen als Kunstvermittler_innen bezeichnet, mit der Begründung, das Zeigen von Kunst zusammen mit den Kommunikationsprozessen, die damit verbunden sind, seien bereits vermittlerische Tätigkeiten. Zudem überschneiden sich die Diffusion, Promotion und das Marketing im Kulturbereich mit dem Bedeutungsfeld von Vermittlung. So etwa das Bewerben der Programme von Theatern, das Veranstalten von Festen in Konzert- oder Literaturhäusern oder der Vertrieb von Katalogen, Merchandisingartikeln und Souvenirs zu Ausstellungen. Genauso wird mitunter das Schreiben über Kultur und die Pressekritik in den verschiedenen künstlerischen Sparten dem Bedeutungsfeld der Kulturvermittlung zugeordnet.

«Kulturvermittlung» wird in dieser offenen Weise bislang insbesondere in der Deutschschweiz gebraucht – in Deutschland und Österreich hat sich eher «Kulturelle Bildung» als ein Sammelbegriff durchgesetzt, der die Dimension von Lernen und Bildung stärker in den Vordergrund rückt. «Kulturvermittlung» findet aber auch dort zunehmend parallel Anwendung. Daneben finden sich Begriffe, die jeweils orts- oder genrespezifische Eingrenzungen vornehmen, wie die «Museumspädagogik» für die Bildungsarbeit in allen Museumstypen, die «Kunstvermittlung» (in Abgrenzung zur Museumspädagogik) mit einem Fokus auf der Vermittlung von Gegenwartskunst, Musik, Theater-, Tanz- oder Literaturvermittlung sowie Wissenschaftsvermittlung.